Matthias

2024-11-08 10:53:58

„Nach meiner Kenntnis ist das sofort – unverzüglich“

Ich kann mich noch sehr gut an den Tag vor dem Fall der Mauer erinnern. Über Tage hinweg verfolgte ich die Nachrichten, von Zügen die über Dresden in den Wesen geleitet wurden. Öffentliche Kundgebungen, die Live im Fernsehen der DDR übertragen wurden. Tägliche Pressekonferenzen des ZK der SED, in dem über die weiteren Reformbestrebungen gesprochen wurde.

An diesem Tag kam ich gegen 17 Uhr von der Arbeit nach Hause und schaltete, wie jeden Tag, den Fernseher ein, um DDR1 zu schauen. Die Pressekonferenz mit Schabowski lief zu dem Zeitpunkt. Da das Leben auch in bewegten Zeiten weitergehen musste, war ich nur mit einem Ohr dabei.

Zu hören war ein endloser Schwall von Worten auf Fragen der Reporter an Schabowski und die weiteren Vertreter der SED. Es plätscherte so daher. Wie immer. Ich war ein wenig amüsiert über die improvisierten Pressekonferenzen, deren Beteiligte sich sichtbar ungeschickt anstellten und wohl auch nicht wirklich wohl in ihrer eigenen Haut fühlten.

So kam es, dass die die entscheidenden Worte von Schabowski „Nach meiner Kenntnis ist das sofort – unverzüglich“ wohl hörte und auch die Unruhe im Raum wahrgenommen habe, aber deren Reichweite zu dem Zeitpunkt überhaupt noch nicht verstand.
Das war wieder eine dieser Veranstaltungen der SED, von der man nicht wirklich etwas erwartete, man aber wusste, dass historische Dinge passieren, die man nur 1 Jahr vorher für gänzlich unmöglich gehalten hat.

Die Menschen in der DDR verstanden aber sehr viel besser als ich. So überschlugen sich in den nächsten Stunden die Ereignisse. Die Grenzen sind gefallen. Die beiden deutschen Staaten, sollten sich wieder annähern und irgendwann wieder ein gemeinsames Staatsgebilde bilden. Irgendwann, in den nächsten 10-15 Jahren. Aber auch da kam es anders, als vermutet und von der Mehrzahl der Menschen erhofft.

Als ein Mensch der mit der Mauer, im Zonenrandgebiet aufgewachsen ist, waren die folgenden Tage ein unbeschreibliches Fest mit vielen Tränen. Das undenkbare wurde zur Wirklichkeit.