Marcel pendelt zwischem Spam und Scam
Beim Pendeln hatte ich viel Zeit. Auch um Mails aus dem Spamordner zu lesen. Hier ein paar Dinge, die man daraus lernen kann. Um sich und sein Umfeld zu schützen.
Inhalt
- Ein paar Beispiele
- 1000 € ohne Gegenleistung: «Impfschäden»
- 250 € ohne Gegenleistung: Bitcoin-ETFs von «Swiss Bitcoin ETF»
- Was können wir alle dagegen tun?
- Merksprüche
- Weitere Lektüre
- Aktuelles zu IT-Sicherheit
Ein paar Beispiele
1000 € ohne Gegenleistung: «Impfschäden»
Spam-Mail von einem angeblichen „Dr. Gunther Schmidt“; mutmasslich ist weder ein Arzt noch der gleichnamige Psychotherapeut involviert.
Ein angeblicher „Dr. Gunther Schmidt“ — mit Absenderadresse ohne jeglichen Bezug zu einem Doktor, Gunther oder Schmidt — bietet mir an, ihn auf Telegram zu kontaktieren und ihm meine Kontaktdaten zu übermitteln und danach 1000 € via Bitcoin, Ethereum oder Monero („Zahlungen wie Überweisung, Paypal usw. werden nicht akzeptiert“) zu überweisen. Danach würde ich „Heilmittel + genaue Anleitung“ „mit der Post innerhalb von 24 Stunden“ erhalten. Fragen würde er keine beantworten.
Weitere Informationen gibt es auch nirgendwo, weder in dieser Mail noch auf irgendeiner Webseite. Und die Person mit höchst deutschem Namen die nicht besonders schweizerische Währung Euro erwartet, nutzt sie die schweizerische Schreibweise „Grüsse“ (statt „Grüße„).
Also eigentlich gibt es viele Anzeichen, dass da etwas nicht mit rechten Dingen zugeht. Wieso funktioniert das trotzdem?
- Absenderseite
- Versand von Spammails ist günstig: Alte Daten sprechen von Versandkosten z.T. unter 100$ pro Million Nachrichten.
- Entsprechend reicht auch eine verschwindend kleine Erfolgsquote: Schon wenn nur eine einzige Schweizer:in dieses „Angebot“ in Anspruch nimmt, wären die Initialkosten gedeckt. Und mit jeder weiteren Person beginnt sich das „Geschäft“ so richtig zu rentieren.
- Empfängerseite
- Wer unter schweren gesundheitlichen Problemen leidet, greift oft nach jedem Strohhalm; egal, wie unwahrscheinlich der Erfolg ist.
- Der Anspruch nach Kausalität als Begründung zwischen Ursache und Wirkung in der Gesellschaft schwindet. Nicht nur nur bei Impfgegnern. (PS: Gewusst, dass auch 217 Covid-Impfungen nicht tödlich sind? Aber sie sind auch kaum wirksamer als nur drei Impfungen.)
250 € ohne Gegenleistung: Bitcoin-ETFs von «Swiss Bitcoin ETF»
Screenshot einer Spam-Mail von „Bank“ (von einer Domain, die nichts mit Banking zu tun hat) mit Betreff „marcel Krypto traden wie Profis“.
Was können wir alle dagegen tun?
Leider kenne ich ein Scam-Opfer sehr gut. Meine Erfahrung:
- Nicht immer wollen sich die Opfer helfen lassen.
- Es ist trotzdem wichtig, dass ihr eure Umfeld regelmässig auf Betrugsversuche aufmerksam macht.
- Meiner Erfahrung nach helfen die Warnungen mit aktuellen Wellen wenig („aktuell geht gerade eine Phishingwelle um, die angeblich von Firma X stamme“); allgemeine, länger gültige Tipps sind nötig.
Deshalb die untenstehenden Merksprüche:
Merksprüche
Es ist wichtig, sich gegen solche Vorgehensweisen wehren zu können.
- «Wenn es zu gut scheint um wahr zu sein, ist es das wahrscheinlich auch.»
- 4-Augen-Prinzip. Wann immer ein unerwartetes Angebot/Anfrage/Aufforderung herein kommt (egal ob per Email, Telefon, an der Haustüre, …): Nimm dir Zeit und besprich es mit einer weiteren Person. Spammer und Scammer nutzen selbstverständlich alle Tricks, damit man dies nicht macht (Zeitdruck, psychischer Druck, Verängstigung/Schock, Ausnutzung vulnerabler Personen, Peinlichkeit, …). Um so mehr sollte man sich diese Regel verinnerlichen.
- Selber Kontakt aufnehmen. Immer versuchen, die Person über offizielle/bekannte Kanäle zu kontaktieren, nicht umgekehrt. Seltsame Telefonnummern oder Mailadressen sollten immer vermieden werden, egal wie gut die Ausrede des Gegenübers ist. (Leider lassen sich sowohl Telefonnummern als auch Emailadressen von Absendern viel zu einfach fälschen. Empfängeradressen und -nummern sind deutlich schwieriger zu fälschen.)
Eine erweiterte «12-Punkte-Liste» findet sich im DNIP-Artikel «Wie viel Swissness (und Bitcoin) steckt in SwissBitcoin ETF? Oder: Das 1×1 der Betrugserkennung»; eine Kurzform der Liste (mit allen 12 Punkten) hier.
- Wenn es zu gut aussieht, um wahr zu sein, ist es das wahrscheinlich auch.
- Domains plausibilisieren.
- Professionell aussehende Webseiten sind nicht automatisch vertrauenswürdig.
- Auf Ausweichmanöver achten.
- Irgendwann einmal sollte es konkret werden.
- Zuerst Geld, dann Infos ist falsch.
- Infos erst per Telefon ist gefährlich.
- Behauptungen immer unabhängig verifizieren.
- Unbekannten Support nie(!) auf den Computer lassen.
- Beträge knapp unter 300 Franken sind auffällig.
- Hohe Gewinnversprechen haben ein hohes Risiko. Mindestens.
- 4-Augen-Prinzip.
Weitere Lektüre
- Tim Wilson: Competition May Be Driving Surge in Botnets, Spam, DarkReading, 2008-01-08.
Marktübersicht über Preise beim Spamversand. Artikel ist 16 Jahre alt; hat jemand neuere Daten? - Chris Kanich et al.: Spamalytics: An Empirical Analysis of Spam Marketing Conversion (PDF), ICSI/ACM CCS, 2008.
Messung und Analyse des Erfolgs von Spam. Ebenfalls fast 16 Jahre alt; hat jemand neuere Daten? - Tyler Vigen: Spurious Correlations. Existiert seit mindestens 2015, kürzlich erweitert.
Unzählige eindrückliche Beispiele, weshalb (statistische) Korrelation nicht automatisch einen kausalen Zusammenhang bedeutet. - Mira Cheng: A man deliberately got 217 Covid shots. Here’s what happened, CNN, 2024-03-06.
Grossartiges britisches Understatement einer Forscherin: Der Mann hätte sich in keinster Weise auch nur irgendwie an eine Empfehlung gehalten («clearly not following any type of guidelines»).
Dieser Beitrag entstand im März. Ich entschied mich dann, dem Thema der angeblichen «Bitcoin-ETFs» genauer nachzugehen, wurde aber durch die Ereignisse rund um xz
unterbrochen und der Artikel geriet in Vergessenheit.
Beim Aufräumen heute fand ich ihn wieder und finde ihn wert, dass man auch im Sommerloch nochmals an Betrügereien erinnert wird.
marcel-waldvogel.ch/2024/04/24…
marcel-waldvogel.ch/2022/12/05…
marcel-waldvogel.ch/2018/09/23…
Aktuelles zu IT-Sicherheit
Nextcloud: Automatischer Upload auf Android verstehen2025-06-05
Ich hatte das Gefühl, dass der automatische Upload auf Android unzuverlässig sei, konnte das aber nicht richtig festmachen. Jetzt weiss ich wieso und was dabei hilft.
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Die Revision der «Verordnung über die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs» (VÜPF) schreckte die Schweiz spät auf. Am Wochenende publizierte die NZZ ein Streitgespräch zum VÜPF. Darin findet sich vor allem ein Absatz des VÜPF-Verschärfungs-Befürworters… VÜPF: Staatliche Überwachungsfantasien im Realitätscheck weiterlesen
Phishing-Trend Schweizerdeutsch2025-06-01
Spam und Phishingversuche auf Schweizerdeutsch scheinen beliebter zu werden. Wieso nutzen Spammer denn diese Nischensprache? Schauen wir in dieser kleinen Weiterbildung in Sachen Spam und Phishing zuerst hinter die Kulissen der Betrüger, um ihre Methoden… Phishing-Trend Schweizerdeutsch weiterlesen
Persönliche Daten für Facebook-KI2025-05-19
Meta – Zuckerbergs Imperium hinter Facebook, WhatsApp, Instagram, Threads etc. – hat angekündigt, ab 27. Mai die persönlichen Daten seiner Nutzer:innen in Europa für KI-Training zu verwenden. Dazu gehören alle Beiträge (auch die zutiefst persönlichen),… Persönliche Daten für Facebook-KI weiterlesen
In den Klauen der Cloud2025-05-01
Bert Hubert, niederländischer Internetpionier und Hansdampf-in-allen-Gassen, hat einen grossartigen Artikel geschrieben, in dem er die Verwirrung rund um «in die Cloud gehen» auflöst. Ich habe ihn für DNIP auf Deutsch übersetzt.
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Vor ein paar Wochen hat die NZZ einen Artikel veröffentlicht, in dem Petra Gössi das NZZ-Team erschreckte, weil via KI-Chatbot angeblich «beinahe der gesamte Inhalt des Artikels […] in der Antwort von Perplexity zu lesen»… Können KI-Systeme Artikel klauen? weiterlesen
Was Prozessoren und die Frequenzwand mit der Cloud zu tun haben2024-10-12
Seit bald 20 Jahren werden die CPU-Kerne für Computer nicht mehr schneller. Trotzdem werden neue Prozessoren verkauft. Und der Trend geht in die Cloud. Wie das zusammenhängt.
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Hatte mich nach wahrscheinlich mehr als einem Jahr mal wieder bei Facebook eingeloggt. Das erste, was mir entgegenkam: Offensichtlicher Spam, der mittels falscher Botschaften auf Klicks abzielte. Aber beim Versuch, einen wahrheitsgemässen Bericht über ein… Facebook: Moderation für Geschäftsinteressenmaximierung, nicht für das Soziale im Netz weiterlesen
Was verraten KI-Chatbots?2024-09-27
«Täderlät» die KI? Vor ein paar Wochen fragte mich jemand besorgt, ob man denn gar nichts in Chatbot-Fenster eingeben könne, was man nicht auch öffentlich teilen würde. Während der Erklärung fiel mir auf, dass ganz… Was verraten KI-Chatbots? weiterlesen
Sicherheit versteckt sich gerne2024-09-13
Wieso sieht man einer Firma nicht von aussen an, wie gut ihre IT-Sicherheit ist? Einige Überlegungen aus Erfahrung.
Chatkontrolle: Schöner als Fiktion2024-09-12
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Chatkontrolle, die Schweiz und unsere Freiheit2024-09-10
In der EU wird seit vergangenem Mittwoch wieder über die sogenannte «Chatkontrolle» verhandelt. Worum geht es da? Und welche Auswirkungen hat das auf die Schweiz?
Cloudspeicher sind nicht (immer) für die Ewigkeit2024-09-09
Wieder streicht ein Cloudspeicher seine Segel. Was wir daraus lernen sollten.
IT sind nicht nur Kosten2024-08-06
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CrowdStrike, die Dritte2024-08-05
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Marcel pendelt zwischem Spam und Scam2024-08-02
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Die NZZ liefert Daten an Microsoft — und Nein sagen ist nicht2024-08-01
Die andauernden CookieBanner nerven. Aber noch viel mehr nervt es, wenn in der Liste von „800 sorgfältig ausgewählten Werbepartnern (oder so)“ einige Schalter fix auf „diese Werbe-/Datenmarketingplattform darf immer Cookies setzen, so sehr ihr euch… Die NZZ liefert Daten an Microsoft — und Nein sagen ist nicht weiterlesen
«CrowdStrike»: Ausfälle verstehen und vermeiden2024-07-23
Am Freitag standen in weiten Teilen der Welt Millionen von Windows-Rechnern still: Bancomaten, Lebensmittelgeschäfte, Flughäfen, Spitäler uvam. waren lahmgelegt. Die Schweiz blieb weitgehend nur verschont, weil sie noch schlief. Ich schaue hinter die Kulissen und… «CrowdStrike»: Ausfälle verstehen und vermeiden weiterlesen
Auch du, mein Sohn Firefox2024-07-17
Ich habe bisher immer Firefox empfohlen, weil seine Standardeinstellungen aus Sicht der Privatsphäre sehr gut waren, im Vergleich zu den anderen „grossen Browsern“. Das hat sich geändert. Leider. Was wir jetzt tun sollten.
«Voting Village»-Transkript2024-06-14
Letzten August fand an der Hackerkonferenz DEFCON eine Veranstaltung der Election Integrity Foundation statt. Sie fasste mit einem hochkarätigen Podium wesentliche Kritikpunkte rund um eVoting zusammen.
«QualityLand» sagt die Gegenwart voraus und erklärt sie2024-06-12
Ich habe vor Kurzem das Buch «QualityLand» von Marc-Uwe Kling von 2017 in meinem Büchergestell gefunden. Und war erstaunt, wie akkurat es die Gegenwart erklärt. Eine Leseempfehlung.
50 Jahre «unentdeckbare Sicherheitslücke»2024-06-10
Vor 50 Jahren erfand Ken Thompson die «unentdeckbare Sicherheitslücke». Vor gut 40 Jahren präsentierte er sie als Vortrag unter dem Titel «Reflections on Trusting Trust» anlässlich der Verleihung des Turing-Awards, des «Nobelpreises der Informatik». Hier… 50 Jahre «unentdeckbare Sicherheitslücke» weiterlesen
Stimmbeteiligung erhöhen ohne eVoting2024-05-27
Eines der Argumente für eVoting ist die Erhöhung der Stimmbeteiligung. Stimmbeteiligung—nur für sich alleine gesehen—ist keine ausreichende Metrik für die Beurteilung der Funktionsfähigkeit einer Demokratie, trotzdem spielt sie eine wichtige Rolle. Die «Vote électronique», wie… Stimmbeteiligung erhöhen ohne eVoting weiterlesen
#Betrug #ITSicherheit #Scam #Spam
Wie viel Swissness (und Bitcoin) steckt in SwissBitcoin ETF? Oder: Das 1x1 der Betrugserkennung - Das Netz
Spam-Empfängerinnen haben unterschiedliche Strategien zum Umgang damit entwickelt. Sie reichen von ärgern über ignorieren bis drauf klicken. UndMarcel Waldvogel (avongunten)
Die NZZ liefert Daten an Microsoft — und Nein sagen ist nicht
Die andauernden CookieBanner nerven. Aber noch viel mehr nervt es, wenn in der Liste von „800 sorgfältig ausgewählten Werbepartnern (oder so)“ einige Schalter fix auf „diese Werbe-/Datenmarketingplattform darf immer Cookies setzen, so sehr ihr euch auch wehrt, liebe User“ eingestellt sind und sich nicht ändern lassen. Da fühlt man sich gleich so richtig ernst genommen. NICHT!Die NZZ hat genau das mit der Microsoft-Werbeplattform Xandr gemacht. Und Adrienne Fichter hat sich für DNIP auf die Spurensuche begeben.
Dieser Artikel ist eine Kürzestzusammenfassung des Artikels «Die NZZ ist nun offiziell eine Microsoft-Datenhändlerin — dem Bund ist das egal» von Adrienne Fichter bei DNIP und versucht auch etwas Kontext zu geben. Für mehr Details, Quellen und weitere Informationen empfehle ich das Original.
Das Titelbild ist eine eigene Collage des NZZ-Gebäudes an der Falkenstrasse 11 (©NZZ) und des Microsoft-Logos (©Microsoft).Inhalt
- Der neue NZZ-Dialog
- Die enge Beziehung der NZZ zu Werbenetzwerken
- Deceptive Patterns überall
- Was kann ich dagegen tun?
- Wieso diese dauernde Privatsphäre-Invasion?
- Die dunklen Ecken der Werbenetzwerke
- Aktuelles zu IT-Sicherheit
Der neue NZZ-Dialog
Ausschnitt des Screenshots des NZZ-Cookie-Dialogs (aus dem im DNIP-Artikel). Klick aufs Bild für mehr Inhalt.
Die enge Beziehung der NZZ zu Werbenetzwerken
Die NZZ hat ein eigenes Werbenetzwerk, AudieNZZ, welches auch schon bei DNIP Thema war. Dieses kategorisiert Leser:innen in 650’000 Kategorien. Darunter auch, ob du auch, wie sehr du an Gesundheitsthemen interessiert bist.Aber nutzt auch Werbeplattformen wie die zu #Microsoft gehörende #Xandr, um Werbung auszuspielen. Beim Lesen eines Gesundheitsartikel beispielsweise auch, dass du dich für dieses Thema interessierst.
Gesundheitsdaten sind allerdings laut Datenschutzgesetz besonders schützenswerte Personendaten. Und sollten nur nach expliziter Einwilligung verarbeitet werden. Und schon gar nicht automatisch in unsichere Drittstaaten übermittelt werden, also z.B. in die USA, den Hauptsitz von Xandr. (Von wo aus sie durch die Werbe- und Datenhandelsnetzwerke in die ganze Welt verteilt werden; nicht nur über Xandr.)
Natürlich darf neben dieser Analyse, juristischer Beurteilung von Simon Schlauri, Hinweis auf die ganzen Privatsphärerisiken dieser #Werbenetzwerke und #Datensammel|netzwerke auch ein Hinweis auf die in diesem Umfeld beliebten «Deceptive Patterns» nicht fehlen: Tricksereien, mit denen wir gegen unsere eigentliche Absicht zu etwas anderem verführt werden.
Deceptive Patterns überall
In der ganzen Datensammel-Industrie wird mit Deceptive Patterns gearbeitet (auch als «Dark Patterns» bekannt): Die Benutzer:innen soll verwirrt werden, dass sie eine Auswahl treffen, die sie eigentlich gar nicht hätten treffen wollen. Ein typisches Beispiel ist der «Alle Cookies akzeptieren»-Knopf, der hervorgehoben ist, während andere Optionen, wie z.B. «Aktuelle Einstellungen speichern» oder «Alle optionalen Cookies ablehnen» möglichst versteckt werden.Ein weiteres Beispiel sehen wir hier: Dieses „immer aktiviert“ ist gar nicht immer aktiv, sondern kann geändert werden. Aber die meisten Leute glauben, dass sie keine Wahl hätten (oder wollen nicht die nötigen zusätzlichen Klicks auf sich nehmen):
Screenshot einer früheren Version des Watson-Cookie-Dialogs (ebenfalls aus dem DNIP-Artikel). Klick aufs Bild für mehr Inhalt.
Was kann ich dagegen tun?
Wer sich der Datensammelwut nicht ganz schutzlos aussetzen möchte, für den habe ich bei DNIP auch ein paar Tipps und Tricks zusammengestellt. Für weniger Tracking und mehr Privatsphäre.marcel-waldvogel.ch/2023/12/20…
Wieso diese dauernde Privatsphäre-Invasion?
Die Werbetreibenden haben über Jahrzehnte den Glauben aufgebaut, dass sie alles über ihre Kunden wissen müssten, damit sie die optimale Werbung ausspielen könnten.Die Werbenetzwerke fördern diesen Glauben. Denn daran verdienen sie. Und an den Daten, die sie damit sammeln können.
Aber: Dieses ganze feingranulare, hochglanzmässig aufgemachte #Targeting von Werbung funktioniert eigentlich gar nicht in dem Masse, wie das gerne geglaubt wird.
Sehr gut merkt man das beispielsweise dann, wenn man eine grössere Anschaffung plant und einige Tage zu diesem Thema surft. Auch nach der erfolgreichen Beschaffung sieht man dann noch länger andauernd Werbung für diese Beschaffung.
Obwohl man jetzt die nächsten Jahre sicher diese Anschaffung nicht nochmals machen wird.Auch die NZZ hatte das gemerkt und deshalb in ihrem Jahresbericht Besserung versprochen: Sie würden nur noch Werbung ausspielen, die zum Thema des Artikels passe; und nicht mehr von der Leserin abhängig sei.
Aber scheinbar bewegt sich jetzt doch in die Gegenrichtung.
Die dunklen Ecken der Werbenetzwerke
Neben den eigentlichen Werbetreibenden (und ihrem Datenhunger) gibt es noch zwei weitere Gruppen:Erstens, reine Datensammelorganisationen, welche an diesen Werbenetzwerken mithorchen und alles über uns sammeln. Auch, ob wir wahrscheinlich für einen Geheimdienst arbeiten oder sonst ein interessantes Ziel wären. Daten, die eigentlich nicht gesammelt werden sollten.
Und zweitens: Hier noch ein (etwas gruseliger) Einblick, in wie sich diese „Empfehlungsnetzwerke“ finanzieren:
Sie sorgen dafür, dass du in ein Rabbit Hole (Kaninchenloch?) von tausenden von Werbeanzeigen reingezogen wirst. Und verdienen sich daran eine goldige Nase.
Wegen der doch zwischendurch (aus Sicht der Empfehlungsnetzwerke absichtlich) verstörenden Bilder nur etwas für Leute mit starken Nerven.
Genug der Vorwarnung, hier der Link zum Artikel von Ranjan Roy and Can Duruk: Taboola, Outbrain and the Chum Supply Chain.
Quellenangaben des Artikelaufmachers:
- NZZ-Gebäude, Falkenstrasse 11 (©NZZ)
- Microsoft-Logo (©Microsoft)
- Gesichtsanonymisierung und Collage: Marcel Waldvogel
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In den Klauen der Cloud2025-05-01
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#Datensammel #InformatikUndGesellschaft #ITSicherheit #Microsoft #NZZ #Privatsphäre #Targeting #Tracking #Werbenetzwerke #XandrTaboola, Outbrain and the Chum Supply Chain
The dark underbelly of ad-techMargins (Margins by Ranjan Roy and Can Duruk)